In meinem letzten Artikel hatte ich es kurz erwähnt und nun möchte ich noch einmal etwas näher darauf eingehen. Zu Beginn eines seriösen Trainingsprogramms sollte eine funktionelle Bewegungsanalyse stehen. Diese kann z. B. von einem erfahrenen Physiotherapeuten, einigen Sporttherapeuten, Orthopäden oder entsprechend geschulten Fitnesstrainern durchgeführt werden.
Sinn und Zweck der Analyse ist die Ermittlung des körperlichen Ist-Zustands, vor allem bezogen auf ein zukünftiges Bewegungstraining. Die Eingangsanalyse zeigt eventuelle Schwachstellen ("weak links") auf, die bei den meisten Menschen vorliegen. Diese Schwachstellen können zu Überlastungen oder gar Verletzungen im Training führen und allgemein die Leistungsfähigkeit oder Belastbarkeit einschränken.
Ich verwende mit sehr gutem Erfolg ein funktionelles Bewegungsscreening, den "Functional Movement Screen". Leider findet die Fortbildung für dieses System meines Wissens nach bisher nicht im deutschsprachigen Raum statt. Natürlich gibt es noch andere gute Methoden, aber diese hat sich seit über 10 Jahren bewährt. Unabhängig davon möchte ich anhand dieses Systems die Wichtigkeit sowie die Prinzipien und Möglichkeiten einer Bewegungsanalyse im Allgemeinen erläutern, die zu Beginn eines jeden Trainings stehen sollte.
Der Functional Movement Screen oder kurz FMS wurde vor über 10 Jahren von Physiotherapeuten und Sportwissenschaftlern in den USA entwickelt. Ursprünglich sollte er die Ursachen vieler Verletzungen von Leistungssportlern herausfinden und diesen gezielt vorbeugen.
Mittlerweile wird dieser Test jedoch in allen Bevölkerungsschichten von vielen Trainern mit großem Erfolg eingesetzt. Auch die deutsche Fußballnationalmannschaft wendet diesen Test an. Grundlage des FMS bilden folgende sieben Übungen: Überkopfkniebeuge, über eine Hürde steigen, Ausfallschrittkniebeuge mit beiden Füßen auf einer Linie, Schulterbeweglichkeit, gestrecktes Beinheben in Rückenlage, Rumpfstabilitäts-Liegestütz und Rumpfrotationsstabilität im Vierfüßlerstand.
Es werden also grundlegende Bewegungsmuster getestet, um zu sehen, ob sich der Körper so bewegen kann, wie es die Natur für ihn vorgesehen hat oder ob es Unterschiede zwischen der linken und rechten Seite gibt. Dabei wird ein einfaches Punktesystem eingesetzt. Drei Punkte gibt es, wenn die Übung perfekt durchgeführt werden kann und zwei, wenn die Übung zwar durchgeführt werden kann, aber nur mit Kompensations-/Ausweichbewegungen. Kann die Übung nicht durchgeführt werden, gibt es einen Punkt und wenn sie Schmerzen verursacht null Punkte. Maximal können also 21 Punkte erreicht werden.
Wissenschaftliche Untersuchungen an Leistungssportlern haben gezeigt, dass sich das Verletzungsrisiko um mindestens das Zwei- bis Dreifache erhöht, wenn nur 14 oder weniger Punkte erzielt wurden. Das Gleiche gilt bei einer Asymmetrie, d. h. einem Punkteunterschied zwischen der linken und rechten Seite und zwar unabhängig von der Gesamtpunktzahl! Eine Asymmetrie bedeutet also immer eine "rote Flagge".
Das Gute am FMS ist, dass sich ein ganzes System an Korrekturübungen anschließt, mit denen man die individuellen Schwachstellen in der Bewegung gezielt korrigieren kann.
Untersuchungen bewiesen, dass das Korrigieren der individuellen Schwachstellen, die im Test zum Vorschein kamen, die Verletzungshäufigkeit von Leistungssportlern deutlich senken konnte.
Wer gesünder, belastbarer und leistungsfähiger sein möchte, sollte seinen körperlichen „Schwachstellen“ immer genügend Aufmerksamkeit schenken. Wenn das schwächste Glied in der Kette aufgibt, spielt die Kraft der anderen Kettenglieder keine Rolle mehr. Überlastungen und Verletzungen zwingen immer zur Trainingspause und gehen mit einem Leistungsverlust einher, ganz zu schweigen von den anderen Nachteilen, die sie mit sich bringen.
Leider ist es in der heutigen Fitnesswelt üblich, auf ein schwaches oder unfunktionelles System einfach Kraft „draufzusetzen“ in der Hoffnung, dass es dadurch besser wird. Doch das Gegenteil ist häufig der Fall.
Zu Beginn eines seriösen Trainings sollte eine Funktionsanalyse des Körpers durchgeführt werden, um fehlerhafte Bewegungsmuster und Schwachstellen zu entdecken und gezielt korrigieren zu können. Andernfalls würde man einfach ins Blaue hinein trainieren in der Hoffnung, dass schon alles gut gehen wird, was nicht selten schief geht.
Schwache „Kettenglieder“, die Ihre Leistungsfähigkeit einschränken und teilweise auch das Verletzungsrisiko erhöhen können, sind z. B. chronisch verspannte Muskelbereiche, eine zu geringe Beweglichkeit in einem oder mehreren Gelenken (z. B. den Sprung- und Hüftgelenken und der Brustwirbelsäule), zu geringe Stabilität in einem oder mehreren Gelenken (z. B. im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Schultern) oder zu einseitiges Training.
Widmet man sich gezielt der Verbesserung oder Stärkung des schwächsten Kettenglieds, um bei diesem Bild zu bleiben, sorgt dies automatisch zu einer Verbesserung bzw. Kräftigung der gesamten Kette. Der ganze Körper profitiert davon also im Sinne einer Leistungssteigerung, einer verbesserten Gesundheit oder auch eines verringerten Verletzungsrisikos. Werden jedoch umgekehrt die ohnehin schon starken Kettenglieder noch stärker gemacht, so werden dadurch die Schwächeren im Verhältnis noch schwächer und die Gefahr ist groß, dass es irgendwann knallt und die Kette reißt. Dies könnte z. B. eine Verletzung sein.
Die Philosophie des FMS ist also, dass man zunächst negative Dinge am Körper korrigiert, bevor man positive ergänzt.
Die Durchführung des Tests dauert ca. 10-15 min. Die sich daraus ableitenden individuellen Korrekturübungen werden möglichst täglich und vor jedem Training (ca. 4-5 min lang) durchgeführt.
Ich selbst konnte bei meinen Klienten und Patienten bereits sehr gute Ergebnisse dank dieses Tests erzielen und weiß nun immer genau, was mit wem konkret zu tun ist. Bereits nach 2-4 Wochen lassen sich die Testergebnisse verbessern, weil sich der Körper besser und effizienter bewegen kann.
Wer einmal in der Nähe von Köln ist, kann sich gerne von mir testen und bezüglich der individuellen Korrekturübungen beraten lassen. Weitere Informationen gibt es unter info@healthconception.de .
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