Der erste Teil des Artikels hat sich mit einigen gesundheitlichen Risiken eines vermehrten Getreidekonsums befasst und ist hier nachzulesen.
Im zweiten Teil soll es vor allem um die Themen Insulinresistenz, Übergewicht durch vermehrte Zucker- und Getreidezufuhr sowie um aktuelle Erkenntnisse der Sporternährung gehen.
Eine vermehrte Aufnahme von Zucker und Getreide führt zu einer erhöhten Insulinproduktion. Insulin ist das „Schlüsselhormon“, welches an den Insulinrezeptoren der Zellen andockt, um diese zu öffnen, damit Nährstoffe in die Zellen gelangen können. Zucker und Fette werden vor allem in den Muskelzellen verbrannt. Wenn die darin enthaltenen Speicher jedoch voll sind und nicht durch Bewegung entleert werden, ziehen die Zellen ihre Insulinrezeptoren ein (Downregulation) und können somit immer weniger Nährstoffe aufnehmen. Sie werden insulinresistent.
Werden dann jedoch weitere Nährstoffe über die Nahrung herbeigeschafft, muss der Körper diese als Fett einlagern, v. a. wenn durch Bewegungsmangel nichts zusätzlich verstoffwechselt werden kann.
Vereinfacht gesagt: Ist die Muskelzelle voll, dann kann auch nichts mehr eingelagert werden. Alle weiteren Nährstoffe müssen also ins Fettgewebe entsorgt werden.
Von der Insulinresistenz ist ein Großteil der Bevölkerung betroffen, insbesondere folgende Personen (nach Prof. Moltz, GSAAM, 04.-05.06.2010):
– 60-70 % der Patienten mit Adipositas
– 60-70% der Patienten mit einem pathologischen Glucosetoleranztest
– 70-80 % der Patienten mit einem Metabolischen Syndrom
– 70-80 % der Herzinfarktpatienten
– 80-90 % der Frauen mit Polyzystischem Ovarialsyndrom (Eierstockzysten, die u. a. auch die Fruchtbarkeit beeinträchtigen)
– 80-90 % der Menschen mit einem Typ-2-Diabetes im Anfangsstadium
– 10-30 % der Menschen mit Normalgewicht ohne erkennbare Erkrankungen
Auch Fructose (Fruchtzucker) kann eine Insulinresistenz auslösen. Schauen Sie mal auf der Inhaltsangabe Ihrer Nahrungsmittel nach. Fructose wird gerne verwendet. Daher ist es auch besser, richtiges Obst zu essen als Saft zu trinken, denn der enthält sehr viel Fruchtzucker und sehr wenig der guten bioaktiven Substanzen. Fructose erhöht dramatisch die Fettsynthese (Umwandlung von Zucker in Fett), so dass z. B. die Leber und der Bauch dadurch schnell verfetten können.
Weitere Symptome für eine mögliche Insulinresistenz:
– Akne (Bei Naturvölkern gibt es praktisch keine Pubertätsakne. Wissen Sie, wie sich ein durchschnittlicher Teenager heutzutage ernährt? Mit viel Zucker und Getreide.)
– Prämenstruelles Syndrom (zu 70-80 % liegt hier eine Insulinresistenz vor)
– Haarausfall
– Fibroma molle (weiches Fibrom)
– Gicht / Pseudogicht
– Paradontosis
– Apnoe (Atemstillstand; in einer neueren Untersuchung waren bereits 8 von 30 Kindern betroffen; aus: LUDWIG, D.: Childhood Obesity – The Shape of Things to Come, N Engl J Med 357, 23, 6 2007)
– maligne Veränderungen
– Kurzsichtigkeit (80 % der Betroffenen sind insulinresistent)
– Psoriasis (Schuppenflechte)
– Fettleber
Sämtliche Erkrankungen, bei denen Insulinresistenz eine Rolle spielt, lassen sich mit einer zucker- und getreidearmen Ernährung wirkungsvoll behandeln.
HEILMEYER (zitiert in OPOKU-AFARI et al., 2009) hat z. B. 45 seiner Typ-2-Diabetiker auf eine Low Carb-Ernährung umgestellt. Nach nur drei Wochen Klinikaufenthalt konnten knapp 90 Prozent der Patienten ihren Antidiabetikabedarf reduzieren und fast die Hälfte konnten ihre Medikamente sogar ganz absetzen. Pro Woche hatten sie knapp 1 kg Körpergewicht verloren und die Blutfettzusammensetzung signifikant verbessert.
Von kPNI-Therapeuten (kPNI = klinische Psycho-Neuro-Immunologie) erfahre ich ebenfalls regelmäßig wie sich eine Vielzahl von Erkrankungen über die Ernährung (u. a. durch eine drastische Einschränkung des Getreidekonsums) positiv beeinflussen lassen.
Es beeindruckt mich immer wieder, welche enormen gesundheitlichen Verbesserungen sich bei diversen Beschwerden durch eine Umstellung der Nährstoffzufuhr OHNE Medikamente erreichen lassen. In Kombination mit gezielter Bewegung sind die Ergebnisse häufig sogar noch besser.
Sämtliche Vergleichsstudien zeigen, dass eine getreidearme, fett- und eiweißreiche Ernährung mehr und/oder schneller Körperfett reduziert als eine getreidereiche, die fett- und eiweißarm ist.
In mehreren Studien wurde dabei nicht nur eine isokalorische Kost (beide Gruppen haben gleich viele Kalorien aufgenommen) verwendet, nein, die Untersuchungsgruppen mit der fett-eiweißreichen Kost haben sogar mehr Kalorien aufgenommen und dennoch mehr Körperfett reduziert.
Das bedeutet, dass sich die aufgenommenen Kalorien im Körper ganz unterschiedlich verhalten können, je nachdem wodurch sie hineingelangen.
Eine zucker- und getreidereiche Kost sättigt vergleichsweise wenig, führt schneller zu erneutem Hunger, zu Müdigkeit und zu vermehrter Fetteinlagerung.
Bei Sportlern wurde bisher immer das langsame bis moderate aerobe Ausdauertraining empfohlen, um den Fettstoffwechsel zu trainieren, damit dieser anteilig (nicht absolut) mehr Fett verbrennen kann. Dies hat jedoch nichts mit einem größeren Körperfettverlust zu tun.
Um die Kapazität des Fettstoffwechsels zu vergrößern, kann man auch einfach deutlich weniger Kohlenhydrate aufnehmen. Die Knappheit an Kohlenhydraten stellt für die Muskeln den notwendigen Trainingsreiz dar, um verstärkt Fette als Energiequelle zu verwenden.
Nach etwa drei bis vier Wochen sollte sich der Stoffwechsel entsprechend umgestellt haben. Während der Umstellungsphase kann es vorübergehend zu Leistungsverlusten kommen.
Das bedeutet für den Freizeit-und Breitensportler, der vor allem Körperfett verlieren möchte, dass er entgegen vieler Empfehlungen nicht erst ein mehrwöchiges langsames aerobes Ausdauertraining absolvieren muss, um mehr Enzyme des Fettstoffwechsels zu produzieren und die Mitochondrienkapazität zu erhöhen (Motochindrien = Zellkraftwerke).
Bisherige Aussage: „Zunächst musst Du ein aerobes Ausdauertraining nach der Dauermethode absolvieren, um Deinen Fettstoffwechsel zu trainieren, damit Du überhaupt mehr Fett verbrennen kannst.“ Diese Aussage ist überholt und nicht mehr ganz zutreffend.
Es genügt bereits, die Kohlenhydratzufuhr (v. a. Zucker-, Getreide- und Kartoffelprodukte) über mehrere Wochen zu reduzieren und stattdessen mehr Gemüse, Eiweißprodukte und Fett aufzunehmen.
Parallel kann dann direkt mit einem individuell angepassten Kraft- und intervallartigem Training begonnen werden, dessen Belastungsintensität sich langsam erhöht. Dies liefert erfahrungsgemäß auch wesentlich bessere Ergebnisse bei der Körperfettreduktion.
Ausdauerathleten kommen natürlich an einem Training im Grundlagenbereich (aerob) nicht vorbei. Doch auch hier hat sich eine „Fettdiät“ kombiniert mit einem entsprechenden Trainingsprogramm als sehr effektiv erwiesen.
In verschiedenen Studien wurde dabei die gleiche, wenn nicht sogar eine höhere Leistungsfähigkeit im Ausdauersport erzielt (KNECHTLE, B.: Kann Fatloading die Ausdauerleistung verbessern? Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie; 53 (4): 179-184, 2005.).
Dieses Vorgehen kann auch die vermehrte Fetteinlagerung von Ausdauerathleten in den Zeiten verhindern, in denen weniger trainiert wird. Die allwinterliche hohe Gewichtszunahme von Jan Ullrich war hier ein gutes Beispiel.
Kraft- und Schnellkraftsportler können gezielt einen Tag oder wenige Stunden vor dem Training oder Wettkampf vermehrt Kohlenhydrate zuführen. Dies genügt in der Regel, um die Speicher zu füllen und ausreichend Energie für die erforderliche Leistung zu bekommen.
Leider sind die Stoffwechsel moderner Europäer die empfohlenen höheren Eiweißmengen (1,2-1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht) nicht gewöhnt, was zuweilen zu Problemen führen kann.
Deshalb ist folgende Vorgehensweise zu empfehlen:
1. Wiederherstellung der „normalen“ Organleistungen (v. a. von Bauchspeicheldrüse, Leber und Darm), was eine therapeutisch-medizinische Unterstützung erfordern kann
2. Die Nutzung der verschiedenen Verbrauchsmechanismen (Bewegung, Aktivierung u. Aufbau von braunem Fettgewebe, welches Fett u. Zucker verbrennen kann)
3. „Artgerechte Nahrung“, also reichlich Gemüse, fett- und eiweißbetont, zucker- und getreidearm mit viel Wasser.
Die häufig geäußerte Angst vor einer eventuellen Überlastung der Nieren durch eine erhöhte Eiweißzufuhr kann als unbegründet angesehen werden. Sämtliche Untersuchungen an gesunden Personen konnten diese Sorge ausschließen, da die Nieren sich mit einer erhöhten Arbeitskapazität bzw. einer leichten Hypertrophie anpassen. Probleme konnten nur in Tierversuchen oder bei Nierenpatienten festgestellt werden.
Diese ganzen Erkenntnisse haben mich neben unzähligen weiteren Studien, Artikeln, Büchern, Vorträgen und Praxiserfahrungen dazu gebracht, Zucker- und Getreideprodukte vor ein paar Jahren größtenteils aus meiner Ernährung zu streichen.
Gesundheitlich und vom allgemeinen Wohlbefinden her konnte ich dadurch schon sehr profitieren und Einschränkungen meiner Leistungsfähigkeit waren nicht zu beobachten – im Gegenteil, ich verbessere mich kontinuierlich und habe die besten Blutwerte seit ich denken kann.
Dieser Artikel wurde u. a. stark durch Präsentationen von Leo Pruimboom und Tom Fox beeinflusst (Europäische Gesellschaft für klinische Psycho-Neuro-Immunologie e. V.).
Dieser Blog richtet sich v. a. an Endverbraucher. Daher sind die Artikel auch nicht in der wissenschaftlich gebräuchlichen Sprache verfasst.
Weitere Daten über die moderne Geißel Insulinresistenz (inklusive eines einfachen Tests zur Bestimmung Ihres individuellen Risikos) finden Sie in folgendem Artikel: Was Sie über Bauchfett wissen sollten (auf roten Link klicken).
Wenn Sie mehr zum Thema lesen möchten, finden Sie gute Informationen z. B. in folgenden populärwissenschaftlich geschriebenen Büchern:
CORDAIN, L.: Das Getreide – zweischneidiges Schwert der Menschheit. Novagenics, 2004.
CORDAIN, L., FRIEL, J.: Paleo Diet for Athletes. Rodale Press, 2005.
OPOKU-AFARI et al.: Mehr vom Sport! Low-Carb und LOGI in der Sporternährung. systemmed Verlag, 2009.
PRINZHAUSEN, J.: LOGI und Low Carb in der Sporternährung. systemmed Verlag, 2005. (sehr wissenschaftlich geschrieben, aber eine Fundgrube für Studien)
PINZHAUSEN, J., HERGET, M.: Das Prinzhausen-Prinzip. KVM, 2009.
WORM, N.: Syndrom X oder Ein Mammut auf den Teller! Mit Steinzeitdiät aus der Wohlstandsfalle. systemmed Verlag, 2004.
Hier kommen Sie zu Teil 1 des Artikels.
Wenn Sie mehr an den wissenschaftlichen Daten und Quellen zum Thema interessiert sind, finden Sie in den oben genannten Büchern eine Unmenge an Studien. Ansonsten wurde ich von vielen Lesern (wie z. B. Andrea Schüler) u. a. mit folgenden Quellen versorgt, die bei der Argumentation zum Thema hilfreich sein können (einfach die roten Links anklicken):
Paul Jaminet: Wheat & Leaky Gut
Mark Sisson: Why grains are unhealthy
Nach dem Vortrag von Dr. David Diamond von der Universität Florida weiß man, was das McGovern Committee, Ancel Keys sowie die beteiligten Industrien angerichtet haben mit ihren gesundheitsschädlichen Empfehlungen. Einige große medizinische Organisationen tragen mit ihren Empfehlungen ebenfalls dazu bei, überholtes Wissen zu vermitteln.
Gary Taubes: It was all a big fat lie (der Irrtum über Fett, Fleisch und Kohlenhydrate)
Walter Bortz II, M.D., Clinical Associate Professor of Medicine at the Stanford School of Medicine.
Aus dem Inhalt: „Bortz argues that the financial interests of biotech and drug companies have distorted the healthcare system. Thanks to them, medicine today is economically motivated to treat disease rather than to prevent it. The medical-industrial complex has a vested interest in keeping us sick, and until that changes medicine will fail to effectively address the leading cause of disability and mortality today: chronic diseases like diabetes that are largely preventable. “
Dr. Phinney: Körperzellen kommen gut ohne Brot und mit wenig Kohlenhydraten aus, auch im Ausdauersport:
„Carbohydrate restriction is the proverbial ’silver bullet‘ for managing insulin resistance, metabolic syndrome and type-2 diabetes. Restricting carbohydrate improves blood glucose and lipids while reducing inflammation, all without drugs. Dietary saturated fat is not a demon when you are low carb adapted. Dietary sugars and refined starches are not needed to feed your brain or fuel exercise.“
Ein bisschen ist die Aufklärung auch in Deutschland angekommen. Zum Beispiel im Deutschlandradio (Sendung vom 22.12.2009):
Keine Angst vorm Weihnachtsbraten! Der Cholesterinschwindel und das Märchen vom falschen Fett (Von Anna Dünnebier und Gert von Paczensky)
„Ein Heer von Ärzten erteilt uns verhängnisvolle Ratschläge, was wir essen und trinken sollen. Verstärkung liefert ein Chor von Ernährungsberatern. Die fördern den Wahn, dass mager gesund sei, und propagieren nutzlose, oft gefährliche Diätkuren. Die Argumente liefern die Pharma- und die Ernährungsindustrie. Da geht es allerdings weniger um Gesundheit oder Geschmack als ums Geld. Für unnütze und teure Verordnungen und Medikamente zahlen wir ständig mehr. Cholesterin schadet uns angeblich. Das ist längst wissenschaftlich widerlegt. Dazu kommt die Mär vom falschen Fett. Natürliches Fett wie Butter sei abzulehnen. Mit beiden Behauptungen gefährden Mediziner unsere Gesundheit, der sie doch in Wirklichkeit helfen sollen.“
(Der ganze Beitrag ist urheberrechtlich geschützt, kann aber für private Zwecke auf www.dradio.de/download gefunden werden.)
„Wheat Belly“, das Buch von Kardiologe Dr. William Davis, ist nach Erscheinen gleich auf Platz sieben der New York Times Bestsellerliste geschossen. Die Gesundheit seiner Patienten verbesserte sich unglaublich, wenn sie auf Getreide verzichteten.
Ernährungswissenschaftler Chris Masterjohn, PHD cand., University of Connecticut, hat sich das Buch angesehen und beschreibt, wo Davis mit seinem Feldzug gegen Weizen Recht hat und wo er übertreibt bzw. unfundierte Behauptungen aufstellt.
Masterjohn: “While there is no doubt that there are people who should avoid wheat altogether, I am left with doubts about whether all wheat past the point of einkorn and emmer must be banished from the human diet in order to lead the majority of us back to health. (…)
But I do agree that the processed junk Dr. Davis calls „wheat“ should be purged from the diet, that the development of dwarf wheat has taken its toll on us, and that we should steer clear of the packaged foods and meet Dr. Davis for a pow wow in the produce aisle.”
1 Kommentar
Seit einem Jahr lebe ich größtenteils Getreide frei und kann nur sagen, Themen wie Völlegefühl, Blähungen, Sodbrennen, bei meinem Mann schnarchen und nächtliche Atemstillstände – alles gehört der Vergangenheit an. Bin nur gespannt, wann sich das auch mal wirklich rumspricht, denn es gibt sie immer noch, die schlimmen Empfehlungen der DGE :-/
Aber danke für den guten Artikel!