Was bringen Spaziergänge und Schrittzähler?

Am Wochenende habe ich im Rahmen einer Ärztefortbildung Vorträge über Bewegung und Training als Baustein der modernen Prävention gehalten.

Dabei habe ich zunächst darauf hingewiesen, dass jede Form von Bewegung besser ist, als sich nicht zu bewegen. Über 90 Prozent der Deutschen leiden unter chronischem Bewegungsmangel mit dramatischen Folgen.

Ganz gleich, ob Sie noch andere Risikofaktoren haben (z. B. Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck), wenn Sie sich nicht regelmäßig bewegen, ist Ihr Risiko für eine koronare Herzerkrankung um 90 Prozent erhöht.

Auch bei Krebserkrankungen konnte die Rezidivrate in jüngeren Studien um 50 Prozent reduziert werden, wenn täglich 60 min lang trainiert wurde. Vorbeugend wirkt ein solches Vorgehen bei einigen Krebserkrankungen auch sehr gut.

Ein Extrembeispiel: Durch drei Wochen Bettruhe sinkt die körperliche Fitness mehr als durch 30 Jahre altern!

Der Körper ist brutal: Er setzt sämtliche Funktionen herab und baut Muskeln und Knochen ab, wenn er nicht regelmäßig bewegt wird. Er ist absolut auf Bewegung angewiesen. Früher bekam er nur Nahrung, wenn er sich bewegt hat. Deshalb sind diese beiden Faktoren – Ernährung und Bewegung – so essentiell miteinander verknüpft, vor allem, wenn es um die Gesundheit geht.

Dabei muss es gar nich unbedingt ein sportliches Training sein. Natürlich habe ich den Ärzten von den vielen Vorteilen eines kurzen, intensiveren Trainings für die Gesundheit, Fitness und Körperfettreduktion berichtet und von den enormen Einsparungen an Zeit, die dafür im Vergleich zu anderen Empfehlungen benötigt wird.

Dann kam die Frage auf, ob denn moderates Ausdauertraining nach der Dauermethode oder gar Spaziergänge nun gar nichts bewirken würden.

Daher hier noch mal die Datenlage bezüglich Spaziergängen, wobei z. B. schnelles Walken/Joggen/Radfahren natürlich auch dazu gehören und sogar noch bessere Effekte liefern. Allerdings steigt dadurch das Risiko für Überlastungserscheinungen aufgrund der unzähligen Wiederholungen innerhalb der gleichen Belastung an (pro Schritt muss z. B. beim Walking das 2-3-fache des eigenen Körpergewichts abgefangen werden, beim Jogging das 3-4-fache).

Vor allem Untrainierte, Einsteiger und/oder Übergewichtige, die unter Bewegungsmangel leiden, können sehr von Spaziergängen profitieren. Diese sollten nach den offiziellen Empfehlungen an mindestens fünf Tagen in der Woche über jeweils mindestens 30 min Dauer durchgeführt werden. Zusätzlich wird noch ein Krafttraining an zwei Tagen pro Woche empfohlen.

Mit steigender Fitness ist das Tempo dann langsam auf einen flotten Spaziergang bis hin zum strammen Marschieren zu erhöhen.

Diese regelmäßige körperliche Aktivität im „moderaten Bereich“ senkt das Risiko an einer Krankheit zu versterben um 30-40 Prozent, bei Frauen um bis zu 50 Prozent.

Das Auftreten eines Typ-2-Diabetes kann dadurch erheblich gemindert werden (um mind. 60 Prozent) und das Schlaganfallrisiko sinkt um 25-30 Prozent.

Wer über 65 Jahre alt ist und erst dann mit regelmäßigen Spaziergängen beginnt, kann dadurch das Risiko eines vorzeitigen Todes um ca. 35 Prozent reduzieren.

Untrainierte Übergewichtige können in Verbindung mit einer Ernährungsumstellung prima abnehmen, wenn sie möglichst täglich Spaziergänge von mindestens 30 min Dauer durchführen. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass die Dauer dabei langsam auf 60 min zu steigern und die Häufigkeit auf zweimal täglich zu erhöhen ist (z. B. morgens u. abends). Dies entspricht ebenfalls den offiziellen Empfehlungen, die sich auf die Studienlage stützen.

Das „Problem“ ist, dass sich der Körper an wiederholte Belastungen anpasst. Das führt dazu, dass er nach einiger Zeit z. B. 45 min benötigt, um die gleichen Trainingseffekte zu bekommen, für die zu Beginn noch 30 min genügt haben. Dadurch muss sich bei moderatem Training die Dauer immer mehr verlängern, wenn man weiterhin Fortschritte erzielen möchte.

Da dies natürlich mit einem sehr großen Zeitaufwand verbunden ist, vor dem sich viele scheuen, empfehle ich eher kurze, intensivere Trainingseinheiten, die nach den Erfahrungen aus der Praxis sogar bessere Erfolge hinsichtlich Gesundheit, Fitness und Körperfettreduktion liefern. Bezüglich der inhaltlichen Gestaltung finden Sie viele Ideen in meinen älteren Arikeln (siehe Archiv).

Diese Erfahrungen werden ebenfalls von großen Metaanalysen bestätigt, die klar zeigen, dass weniger Einheiten, die kürzer, aber von der Anstrengung her intensiver sind, bessere Effekte für ein gesünderes und längeres Leben bewirken.

Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Untrainierter nun direkt in ein intensives Training einsteigen sollte. Meine Schützlinge werden z. B. auch immer über mehrere Wochen langsam an ein intensiveres Training herangeführt, um Überlastungen oder gar Verletzungen zu vermeiden.

Natürlich kann und sollte man Spaziergänge in den Alltag oder die Woche mit einbauen. Sie wirken regenerativ für Geist und Körper, vor allem, wenn man durch die Natur geht und bewirken, wie oben beschrieben, positive gesundheitliche Effekte.

Daher kann ich auch die Verwendung eines Schrittzählers empfehlen, um zunächst zu schauen, wie es um Ihre Bewegung im Alltag bestellt ist. Ein Schrittzähler ist eine ideale Motivationshilfe für mehr Bewegung. Man versucht meist automatisch, die Schrittanzahl des Vortages zumindest zu erreichen, meist jedoch zu überbieten.

Wer zusätzlich kurze, intensive Trainingseinheiten durchführt, muss dann aber keinesfalls auf die gängige Empfehlung von 10.000 Schritten pro Tag kommen. Diese Empfehlung gilt vor allem für diejenigen, die nicht trainieren und sich kaum bewegen. Dadurch soll nur ein gewisser Kalorienmehrverbrauch sichergestellt werden, den Sie durch gezielte Kurztrainings ebenfalls gut erreichen können.

Bei der Wahl des Schrittzählers sollten Sie darauf achten, dass er durch reines Schütteln in der Hand keine Schritte mitzählt, sonst ist er viel zu ungenau.

Lesen Sie auch meinen Artikel Schritt für Schritt zu mehr Bewegung.

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