Übertraining: Sind Sie betroffen und was können Sie tun?

Zu viele Sportler ignorieren das Thema Regeneration/Erholung und geben ständig Vollgas, vor allem in der Altersklasse 16-30 Jahre. Das ist weder gesund, noch bringt es optimale Fitness-/Trainingsergebnisse.

Training ist ein bewusst induzierter Stress, der Strukturen und Systeme im Körper zerstört bzw. belastet, damit sich diese wieder neu und auf einem höheren Ausgangsniveau aufbauen. Diesen „Reparaturvorgang“, der auch als Regeneration oder Erholung bezeichnet wird, können Sie gezielt unterstützen und beschleunigen.

Wichtig ist jedoch, zunächst einmal zu erkennen, ob, wann und wie Sie sich vom Training erholen müssen. Die folgenden Zeilen stammen größtenteils aus der jahrzentelangen Erfahrung von Coach Steve Maxwell und den Leistungssporterfahrungen aus der ehemaligen DDR.

Typische Anzeichen für einen Übertrainingszustand, die ohne Blutanalyse zu erkennen sind:

1. erhöhte Herzfrequenz: wenn Ihre Ruheherzfrequenz morgens nach dem Aufwachen 4 oder mehr Schläge/min höher als normal ist, sind Sie entweder schlecht erholt oder ein Infekt/eine Erkrankung kündigt sich an.

Gehen Sie, wenn nötig, nach dem Aufwachen zur Toilette, legen Sie sich dann wieder 5 min lang hin und messen Sie anschließend liegend 1 min lang Ihre Herzfrequenz. Wiederholen Sie das eine Woche lang und nehmen Sie dann den mittleren Herzfrequenzwert. Das ist Ihre Ruheherzfrequenzreferenz.

2. allgemeine Schmerzhaftigkeit und Muskelkater

3. Gelenkschmerzen

4. das Gefühl, „schwerer“ Beine

5. chronische Müdigkeit

6. erhöhte Reizbarkeit (psychisch)

7. Launenhaftigkeit oder Depression

8. veränderter Appetit (mehr als sonst oder kaum, beides ist möglich) durch ein „gestresstes Hormonsystem“ (zu viel Cortisol)

9. plötzliche unerwünschte Gewichtszunahme

10. häufige Erkältungen/Infekte

11. akute Krankheit

12. sinkende Libido (sexuelle Lust/sexuelles Begehren, Drang zum Sex)

13. es gibt keine Trainingsfortschritte oder gar Rückschritte in der Leistungsfähigkeit

14. Schwierigkeiten beim Einschlafen

15. Sie schlafen in letzter Zeit zu viel bzw. immer sehr lange

16. Akuttest: Wenn Sie sich einmal nicht danach fühlen, heute ein Training durchzuführen, beginnen Sie dennoch damit. Sollten Sie sich nach 10 min nicht deutlich besser fühlen, dann beenden Sie das Training sofort und leiten Sie Regenerationsmaßnahmen ein (siehe unten).

Maßnahmen bei Übertraining:

– Wenn 3 oder mehr der oben genannten Symptome auf Sie zutreffen, sollten Sie mindestens 3 Tage lang nicht trainieren. Mehr Schlaf!

– Wenn 6 oder mehr der oben genannten Symptome auf Sie zutreffen, sollten Sie mindestens 10 Tage lang nicht trainieren (maximal leichte Aktivität, wie z. B. Spaziergänge o. ä.). Mehr Schlaf! Die Erfahrung zeigt, dass 10 trainingsfreie Tage schon sehr viel bewirken können.

Wahre „Fitnessfreaks“ werden jetzt vielleicht aufschreien und denken, dass sie dann viel Muskelmasse und den ganzen hart erarbeiteten Trainingseffekt verlieren. Keine Sorge, wenn Sie im Übertrainingszustand sind, dann werden Sie nach ca. 10 Tagen sogar leistungsfähiger sein.

Es gibt Untersuchungen, die an Sportlern auf Olympianiveau durchgeführt wurden. Nach einem Monat Pause konnte ein Kraftverlust von lediglich 1 % festgestellt werden. Nach zwei Monaten Pause immer noch nur 3 %.

– Bezogen auf die Ruheherzfrequenz: Bei 1-2 Schlägen/min über dem Durchschnittswert ist an diesem Tag nur ein moderates Training durchzuführen; ist die Ruheherzfrequenz um 2-3 Schläge erhöht, sollte höchstens ein leichtes Training durchgeführt werden (z. B. Walking); ab 4 Schlägen über dem normalen Durchschnittswert sollte an diesem Tag nicht trainiert werden, weil Ihr Körper dringend Erholung benötigt.

6 Tipps für eine gute Regeneration/Erholung:

– Schlafen Sie mindestens 7-8 h pro Nacht (evtl. sogar 9 h) und versuchen Sie tagsüber noch ein Nickerchen von ca. 20 min Dauer einzubauen (geht auch sitzend).

– Meditieren Sie 20-30 min täglich (z. B. mit Hilfe einer CD) oder führen Sie eine andere Entspannungsmethode durch (15 min sind auch noch gut).

– Essen Sie genügend Eiweiß: Täglich ca. 1,8-2 Gramm pro Kilogramm Magermasse (= Körpergewicht minus Körperfettmasse).

– Trinken Sie genügend Wasser: Täglich mindestens 0,03 Liter pro Kilogramm Körpergewicht (siehe vorletzter Artikel).

– Gönnen Sie sich regelmäßige Massagen (entweder durch einen Masseur bzw. Physiotherapeuten oder durch Selbstmassagetechniken; siehe Buchempfehlung unten).

– Führen Sie Kaltwasserbäder oder heiß-kalte Wechselduschen durch.

– Führen Sie täglich Joint Mobility-Übungen durch (siehe hier) und gehen Sie möglichst täglich mindestens 20-30 min lang flott spazieren.

– Sehr anstrengende Trainingseinheiten sollten maximal alle zwei Tage erfolgen.

Viele weitere praktische Tipps und Methoden, durch die Sie sich besser und schneller regenerieren können sowie ein ganzes Kapitel über gesunden und besseren Schlaf finden Sie im Ratgeber

„Profi-Regeneration – Die besten Methoden“

(für mehr Informationen den roten Link oder das Bild unten anklicken).

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5 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag, ich bin gerade genau in dieser Phase (alle Symptome bis auf 2) und werde nun eher auf die Signale meines Körpers achten. Ihr Beitrag ist wirklich einer der wenigen die inhatlich wertvoll sind (im Internet steht auch eine Menge Quatsch). Danke! Liebe Grüße aus Berlin
    Summer

  2. Vielen Dank für den 1. Sinnvollen Beitrag im Netz Zu diesem Thema.
    Ob es mir gefällt oder nicht ist eine Zwangspause für mich unausweichlich…
    Bin gespannt ab wann ich wieder voll ins Training einsteigen kann.
    Danke

  3. Ich gratuliere zu dieser weisen Einsicht (viele ignorieren die Zeichen ihres Körpers und wundern sich dann, wenn es „plötzlich kracht“) und wünsche einen baldigen Wiedereinstieg ins Training!

  4. Für diesen aussergewöhnlich informativen und hilfreichen Beitrag auch von mir ganz vielen Dank!

    Gerne möchte ich fragen, was denn ernährungstechnisch zu beachten ist, wenn man «mindestens 10 Tage lang» überhaupt nicht trainiert, eine Gewichtszunahme (freilich auch einen Kraftverlust) aber unbedingt vermeiden will.
    Genau gleich essen wie bisher wird ja kaum ratsam sein?

  5. Das ist das Problem beim Krafttraining. Man sollte es eben nie übertreiben.
    Bei anhaltenden Schmerzen sollte man da lieber einen gut qualifizierten Physiotherapeuten aufsuchen.
    Beste Grüße,
    Brigitte Kuttig


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