Getreide wird uns seit langer Zeit als gesund verkauft. Laut vieler „offizieller“ Ernährungsempfehlungen soll es den Großteil der Ernährung ausmachen.
Wenn man sich jedoch einmal genauer mit den wissenschaftlichen Daten über Getreide beschäftigt, dann dreht sich das vermeintlich vorhandene Ernährungswissen häufig um 180 Grad und eine kleine Welt kann über einen zusammenbrechen.
Dies ist mir vor gut 10 Jahren passiert, als mein damaliger Professor von einem Kongress des National Instituts of Health (NIH) aus den USA zurückkam. Er sagte mir, dass die neuen wissenschaftlichen Daten zeigten, dass die ganze Hysterie über fettreiche Ernährung weitestgehend unbegründet zu sein scheint und viele grundlegende Ernährungsempfehlungen, die er seit Jahrzehnten gelehrt hat, über den Haufen geworfen werden müssten.
Zitat: „Ich weiß jetzt gar nicht, wie ich mich verhalten soll. Da kommt man sich doch regelrecht verars…t vor.“
Aus gesundheitlicher Sicht ist ein erhöhter Konsum von Zucker und Getreide wesentlich gefährlicher als ein hoher Fettkonsum. Dies soll hier etwas näher erläutert werden.
LUTZ hat mit seinen verschiedenen Büchern schon ab 1967 – also lange vor ATKINS – die Vorteile einer kohlenhydratarmen Ernährung herausgestellt.
1999 haben Willet et al. die revolutionären Ergebnisse der Nurse`s Health Study veröffentlicht – eine Studie, die seit Jahrzehnten den Lebensstil von ca. 88.000 Krankenschwestern verfolgt. Die Ergebnisse hat Willet für den Laien im Buch „Eat, drink and be healthy“ im Jahr 2000 veröffentlicht.
Einige der Inhalte waren: Ein hoher Konsum von Zucker- u. Getreideprodukten birgt ein höheres Gesundheits- u. Sterblichkeitsrisiko als ein hoher Fettkonsum.
Der Verzehr von Milchprodukten hat keinen positiven Einfluss auf die Knochendichte und ist hier praktisch wirkungslos.
Ein erhöhter Konsum von Eiern hat keinen negativen Einfluss auf die Cholesterinwerte.
1999 veröffentlichte CORDAIN den Klassiker „Cereal Grains: Humanity`s Double-Edged Sword“, der 2004 ins Deutsche übersetzt wurde („Das Getreide – zweischneidiges Schwert der Menschheit“). Untertitel: „Unser täglich` Brot macht satt, aber krank. Ernährung mit Getreideprodukten kann die Gesundheit ruinieren.“
Zusammenfassend stellt er dabei heraus, wie der vermehrte Verzehr von Getreideprodukten folgende Krankheiten auslösen und/oder fördern kann:
– Vitamin & Mineralstoffmängel
– Störungen im Fettstoffwechsel
– Autoimmunkrankheiten (z. B. Typ-1-Diabetes, Rheuma)
– Allergien – Schizophrenie & neurologische Störungen (z. B. Epilepsie)
– Koronare Herzerkrankung
– Krebs (Krebszellen ernähren sich von Zucker
– leider wird dies bei der Krankenhauskost von Krebspatienten selten berücksichtigt und wenige Ärzte sprechen dieses Thema bei ihren Krebspatienten an. Deshalb kommt weiterhin meist Brot auf den Tisch.)
– Osteoporose
Würden diese Erkrankungen als mögliche Nebenwirkung auf einem Medikamentenbeipackzettel stehen, dann würde das sicher kaum ein Mensch einnehmen. Tatsächlich nimmt jedoch der Großteil der Bevölkerung dieses „Medikament“ mehrmals täglich in großen Mengen auf.
Da ist es nicht verwunderlich, dass wir trotz eines reduzierten Fettkonsums immer dicker und kränker werden.
Der zunehmende Bewegungsmangel spielt natürlich ebenfalls eine Rolle.
In den letzten 10 Jahren kamen dann unzählige neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Getreide heraus, von denen ich hier einige beispielhaft nennen möchte, die ich besonders interessant fand.
Erhöhter Getreidekonsum birgt die Gefahr einer niedriggradigen Entzündung im Körper, die unser Immunsystem ständig beeinträchtigt, was wiederum eine Reihe von krankmachenden Prozessen fördern kann.
Eine sogenannte „low grade inflammation“ ist gekennzeichnet durch leicht erhöhte Entzündungsmarker, bezieht sich im Wesentlichen auf viszerale Strukturen/Metabolismen und zeigt „keine“ klassischen Entzündungszeichen.
Die meisten Getreidesorten sowie Kartoffeln, Reis und Hülsenfrüchte enthalten Lectine, welche dafür bekannt sind, die Darmwand, vereinfacht gesagt, „porös“ und somit durchlässig für sämtliche Stoffe zu machen, die in unserem Blut nichts zu suchen haben (z. B. bestimmte Viren, Bakterien).
Hier ist eine kurze Beschreibung aus Dr. J. Bowdens Buch „The 150 Healthiest Foods on Earth“:
“Lectins are substances contained in grains that originally evolved to fight off insect predators. But a portion of lectin can actually bind with tissues in our body and create problems.
A highly respected researcher at the University of Colorado, Loren Cordain, Ph. D., published a paper in the British Journal of Nutrition detailing a theory that dairy foods, legumes, grains and yeast may be partly to blame for rheumatoid arthritis and other autoimmune diseases in genetically susceptible people, due in part to the lectin molecule.
According to Cordain, the lectins in food are known to increase intestinal permeability- they allow partially digested food proteins and remnants of gut bacteria to spill into the bloodstream.
Cordain calls lectins “cellular Trojan horses.” They make the intestines easier to penetrate, impairing the immune system’s ability to fight off food and bacterial fragments that leak into the bloodstream.”
Vereinfacht gesagt, macht also ein erhöhter Verzehr von Getreide, Reis, Kartoffeln und Hülsenfrüchten unseren Darm kaputt und uns anfälliger für eine Vielzahl an Erkrankungen.
Ein Kind aus meinem Bekanntenkreis hatte zu hohe Cholesterinwerte, worauf ihm die Ärztin eine fettarme Ernährung empfohlen hat. Das heißt einfach übersetzt: mehr Getreide.
Cholesterin ist Teil des angeborenen Immunsystems und erhöht sich besonders, wenn viele Bakterien (v. a. Streptokokken) durch den porösen Darm eindringen können…
Wer seine Blutfettwerte schnell verbessern will (Triglyceride, Gesamt- u. LDL-Cholesterin senken, HDL-Cholesterin erhöhen), sollte wenig Zucker- und Getreideprodukte essen und sich gemüse- und fett-eiweißreich ernähren.
Parallel dazu ist Bewegung im hohen Intensitätsbereich zu empfehlen. (Anmerkung: Jogging ist nicht intensiv und bringt verglichen mit intensiven Trainingsmethoden, wie sie hier im Blog empfohlen werden, wenig bis keinen nennenswerten Nutzen für die Verbesserung der Blutfette).
Wenn man bedenkt, dass unser Immunsystem seinen Hauptsitz im Darm hat und nach der Geburt noch viele Jahre benötigt, um voll entwickelt zu sein, dann können wir uns vorstellen, was ein erhöhter Getreidekonsum mit dem Darm und unausgereiften Immunssystem unserer Kinder anstellen kann. Somit sind auch die „kindgerechten“ Ernährungsempfehlungen zu überdenken.
Laut eines Vortrags, den ich dieses Jahr gehört habe, leiden bereits ca. 80 % der Europäer unter dem „Hyperpermeabilitätssyndrom“ des Darmes („leady gut syndrome“), haben also einen porösen („kaputten“) Darm.
Bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte aller Autoimmunerkrankungen kann dieses Syndrom als eine Ursache angesehen werden. Bei Jägern und Sammlern ist es nicht zu finden.
Schaut man sich das Vordringen des Ackerbaus von Afrika bis nach Nordeuropa an, dann ist zu erkennen, dass viele der mit einem erhöhten Getreidekonsum assoziierten Erkrankungen den gleichen Weg genommen haben.
Auch Karies tritt erst seit ca. 12.000 Jahren gehäuft auf und zwar überall dort, wo vermehrt Getreideprodukte gegessen werden.
„Aber Getreide ist doch gut für die Verdauung“ ist ein häufiges Argument. Nun, nur weil es unten wieder schnell raus kommt, bedeutet das nicht, dass dies positiv zu bewerten ist. Es liegt vielmehr daran, dass der Körper es aufgrund der häufig bereits vorhandenen leichten Entzündung auf der Darmoberfläche schnell wieder loswerden will.
Anders ausgedrückt: Er will kein Getreide in sich haben und schmeißt es schnell wieder raus.
Ballaststoffe sind wichtig, können aber z. B. auch über reichlich Gemüse und Nüsse aufgenommen werden.
„Aber Vollkorngetreide ist doch gesund.“ – Ganz kurz: nein.
Getreide ist Getreide und die Vollkornvariante, die uns seit Jahren für besonders gesund verkauft wird, ist in der Tat noch schlimmer als Weißbrot – bumm, das meinte ich mit der 180 Grad-Drehung zu Beginn des Artikels.
Brot ist prinzipiell nichts anderes als gebackener Zucker. Weißbrot erhöht zwar schnell den Blutzucker mit einer entsprechend hohen anschließenden Insulinproduktion, verbunden mit einer schnellen und langanhaltenden Fetteinlagerung, doch bezogen auf die absolut enthaltene Menge an Kohlenhydraten wird bei Vollkornprodukten insgesamt genauso viel Insulin produziert, wenn auch über einen längeren Zeitraum.
Weißmehlprodukte enthalten fast keine darmschädigenden Lectine mehr (eigentlich enthält Weißmehl praktisch überhaupt nichts mehr). Da Vollkornprodukte noch besonders viel Lectine erhalten, kann sich deren negative Wirkung auch am besten entfalten.
Biovollkorn ist übrigens auch nicht besser. Hinzu kommt, dass im (Bio-) Mehl nicht selten Schimmelpilze (Mykotoxine) zu finden sind, die durch den Backvorgang nicht zerstört werden und sich im Körper anreichern können.
Diese Erkenntnis bedeutet jetzt keinen Freifahrtsschein für Weißmehlprodukte, aber wenn es schon mal Brot, Nudeln oder Reis geben soll, dann wäre die Nichtvollkornvariante die bessere Wahl. Noch besser wäre es natürlich, auf diese „Sättigungsbeilage“ ganz oder weitestgehend zu verzichten und sich am eigentlichen Hauptgericht richtig satt zu essen – also an der Eiweiß- und Gemüseauswahl. Das hält übrigens auch länger satt.
Warum wird uns dann Getreide immernoch empfohlen?
Es ist ein günstiges Nahrungsmittel, hat bezogen auf das Volumen einen geringen Sättigungsfaktor, so dass man schon recht bald erneut etwas essen muss und Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie verdienen damit sehr viel Geld.
Hinzu kommt, dass es einige Organisationen, die Ernährungsempfehlungen ausgeben, anscheinend nicht über`s Herz bringen zuzugeben, dass sie sich geirrt haben (oder einfach zu eng mit der Landwirtschaftslobby verbunden sind).
Eine Doktorarbeit aus den USA hat sich mit der gesundheitlichen Wirkung von Frühstückscerealien befasst. Sie wissen schon, u.a. die mit der schicken Ernährungspyramide auf der Rückseite, die uns zeigt, dass wir ganz viel Getreide kaufen und essen sollen.
Nach der Auswertung sämtlicher Ergebnisse kam die Autorin zu dem nüchternen Schluss, dass das Gesündeste an Frühstückscerialien die Verpackung sei. Essen Sie also besser nur den Pappkarton, dann bekommen Sie wenigstens noch etwas Ballaststoffe.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der Getreidekonsum der Menschheit einen großen Dienst erwiesen hat, da das Hungerproblem zum Teil gelöst werden konnte.
So war es möglich, dass sich die Kultur und die Zivilisation schneller entwickeln konnten. Es entfiel einfach eine Menge Zeit, die bisher zum Jagen und Sammeln von Nahrung benötigt wurde. So war es möglich, sich mehr um andere Dinge zu kümmern.
Wenn man sich jedoch all die damit verbundenen gesundheitlichen Nachteile anschaut, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass ein erhöhter Konsum von Getreide den meisten Menschen nicht empfohlen werden kann.
Tatsächlich wird Getreide vom Körper nicht benötigt. Das hören die Deutschen natürlich nicht gern, denn unser Land scheint das einzige in der Welt zu sein, dessen Bevölkerung nicht weiß, was man außerhalb von Brot überhaupt essen kann. Deshalb fahren wir auch so gerne in Robinson Clubs – weil es dort Unmengen an Brotsorten gibt.
Die meisten Menschen haben noch die steinzeitlichen Gene in sich und würden gesundheitlich mehr von einer Ernährungsform profitieren, wie sie vor dem Ackerbau, also vor gut 10.000 Jahren, erfolgte.
Übertragen auf den heutigen Alltag bedeutet dies: Reichlich Gemüse, fett- und eiweißbetont, zucker- und getreidearm mit viel Wasser.
Je mehr und je intensiver Sport betrieben wird, desto mehr scheint der Körper zwar Getreide vertragen zu können, doch auch hier zeigen die neueren Erkenntnisse, dass sehr viele Sportler ebenfalls von einer getreidearmen Ernährung profitieren können und mit viel weniger Getreide auskommen als bisher angenommen wurde.
Teil 2 befasst sich mich mit den Themen Insulinresistenz, Übergewicht und neuen Erkenntnissen aus der Sporternährung.
4 Kommentare
Hallo,
Ich bin durch Zufall auf ihren Blog gestoßen und bin begeistert. Teil 1 bringt alles ohne Umschweife auf den Punkt. Ich habe mich selbst 10 Jahre lang nahezu kohlenhydratfrei ernährt und habe in dieser Zeit viel über die Vorteile einer solchen Ernährung gelernt und weitergegeben.Viele der genannten Bücher, und noch weitere zu dieser Thematik, sind mir bekannt.
Da ich damals noch aktiv Bodybuilding betrieben habe, ließ ich mir regelmäßig Blut abnehmen, was keinerlei negativen Entwicklungen erkennen ließ. Diese Maßnahme war nötig um mir selbst zu beweisen, dass ich mit meiner Annahme richtig lag.
Leider wurde ich nachlässig und habe mich den Sünden des Alltags hingegeben. Familie, Job und Sport lassen sich auf Dauer nur schwer unter einen Hut bringen und so kam es, dass ich leider wieder vermehrt Kohlenhydrate esse, auch wenn es nur selten welche aus Getreide sind, so merke ich doch die Unterschiede, und besonders die Vorteile einer fett- und eiweißreichen Ernährung.
Auf jeden Fall werde ich ihren Blog weiterhin verfolgen und mich nun wieder intensiver mit diesem Thema befassen.
Viel Erfolg und beste Grüße
Pius Kiefel
Hallo Till,
der Blogeintrag ist wirklich sehr interessant. Dass Getreide ungesund ist, habe ich nun schon öfter gehört und erscheint mir auch logisch. Dennoch überrascht es mich sehr, dass auch Hülsenfrüchte so ungesund sind, da ich diese als „natürlich“ angesehen habe und dementsprechend z.B. viele Kichererbsen und Bohnen gegessen. Sind diese tatsächlich so ungesund wie z.B. Getreideprodukte?
Vielen Dank!
Hallo Till,
Ich versuche Getreide und Hülsenfrüchte entweder zu Keimen oder zu fermentieren und damit die Lektine zu reduzieren.
Wie ist es den mit den Kohlenhydraten aus Wurzelgemüse, wie Süßkartoffeln, Möhren,…?
Beste Grüße
Susan
Hallo Susan,
in diesem Artikel geht es um Getreide und weniger um Kohlenhydrate.
Süßkartoffeln sind für den Körper besser verträglich als normale Kartoffeln, gegen Möhren spricht nichts.
Wenn man sich hingegen betont Kohlenhydratarm ernähren möchte, wäre eine Reduktion von Süßkartoffeln und Möhren zu überlegen. Hier bietet es sich allerdings an, nicht mit dem Glykämischen Index zu arbeiten, sondern mit der glykämischen Last.
Letztere ergibt andere Zahlen, weil sie die Menge der aufgenommenen Nahrung mit einbezieht.
Viele Grüße
Till